Montag, 13. Mai 2013

Von Human Resources zu Human Relations

Von Human Resources zu Human Relations – Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus? Mit diesem Thema beschäftigte sich in der vergangenen Woche eine Diskussionsrunde auf der diesjährigen re:publica in Berlin. Teilnehmer der Runde waren Joachim Hasebrook, Teresa Bücker, Anke Domscheit-Berg, Stefan Sell und Sue Reindtke. Das Fazit des Abends lautete:

Arbeitgeber strengen sich nicht mehr an und vernachlässigen die Beziehungen zu ihren Arbeitnehmern. Diese müssen sich wehren und sich dabei vernetzen, um die Kräfte zu bündeln.

Diesem Statement war eine Diskussion über die Arbeitskultur in den Unternehmen und die veränderte Arbeitswelt vorausgegangen. Letztere stelle ich einfach mal als Thesen (gern auch zur Diskussion) in den Raum:
  • Arbeitnehmer haben kaum noch Freude an ihrer Arbeit.
  • Alte Gewissheiten und Sicherheiten (z.B. ein fester bzw. dauerhafter Job) sind verschwunden.
  • Es findet eine Verdichtung der Arbeit statt; immer mehr Leute müssen immer mehr arbeiten.
  • Die Prekarisierung nimmt zu, mittlerweile bis weit in die Mittelschicht.

















Sie merken es, die radikalisierenden Arbeitsbedingungen standen im Mittelpunkt der Diskussion. Als ein Hauptkritikpunkt wurden das "Überstunden-Hamsterrad" und die Blindheit für die eigene Situation benannt. "Man weiß gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, richtig zu entspannen." Auch könne der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern nicht verlangen, dass diese sich ständig selbst disziplinieren, in Bezug auf Arbeitszeiten und Workload, äußerte Anke Domscheit-Berg. Sie selbst hat sich nach Stationen bei Microsoft und McKinsey für die Selbständigkeit entschieden.
Ein weiterer Kritikpunkt, den ich bereits in meinem Artikel zum 1. Mai aufgegriffen hatte, ist das Bilanzdenken der Unternehmen. Zu oft haben die Zahlen eine höhere Priorität als das humane Kapital. Zurecht fragte Joachim Hasebrook, Professor für Human Capital Management an der Steinbeis Hochschule Berlin, wann sich ein Arbeitgeber ändern würde. Die Antwort: "Wenn ihm der Frack brennt", also erst, wenn es sich negativ auf die Bilanz auswirkt. Traurig, aber leider wahr.

Die Diskussionsteilnehmer klangen nahezu so, als würden sie zu einer Revolution der Arbeitnehmer aufrufen, um gegen die beschriebenen Arbeitsbedingungen zu kämpfen – mit dem Titel der Runde als Forderung: Von Human Resources zu Human Relations.

Insgesamt brachte mir die Diskussionsrunde zwar keine wirklich neuen Erkenntnisse oder Ansichten, die prekären Arbeitsbedingungen sind bekannt. Leider wurden keine Modelle für die Arbeit der Zukunft vorgestellt oder erarbeitet, wie es der Titel eigentlich suggerierte. Dennoch fand ich es interessant, dass die Kritik immer lauter wird und mittlerweile auch die re:publica erreicht hat. Das ist meiner Meinung nach ein erstes Anzeichen dafür, dass sich etwas ändern muss und die Arbeitgeber sich mit den Problemen ihrer Mitarbeiter auseinander setzen müssen, um eine gute Beziehung herzustellen und diese langfristig zu pflegen. Die Arbeitsumverteilung, also die Unterstützung und Entlastung der überarbeiteten Kollegen, wird wieder ein zunehmend wichtiges Thema – nicht nur intern, auch für die Reputation der eigenen Arbeitgebermarke gegenüber den externen Zielgruppen.

Schon in den 1930er Jahren zeigten wissenschaftliche Studien in Betrieben, dass sich veränderte Arbeitsbedingungen auf die Arbeitsproduktivität auswirken – insbesondere soziale Gruppenbeziehungen und eine freundliche Führung steigern diese. Die Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen rückte in den Fokus. Damit entstand die Human Relations Bewegung, die den arbeitenden Menschen als soziales Wesen betrachtete. Vielleicht erleben wir nun eine zweite Welle dieser Bewegung.

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