Freitag, 22. März 2013

Was denkt sich eigentlich Generation Z? Ein Interview mit Stefan Peukert

Letztes Jahr haben wir - Volker Seubert und ich - einen sehr spannenden Workshop gehalten, bei dem wir die Frage diskutiert haben, ob es denn Gen Y überhaupt gibt bzw. ob sie sich wirklich vom Gros der Gesellschaft unterscheidet. Die Diskussion war damals vor allem deswegen super spannend, weil die anwesenden etwa 50 Personaler uneins darüber waren und sich eine rege Diskussion ergab. Nachfolgend noch einmal die Slides zum Workshop.



Wenn wir auf die darauf folgende Generation schauen, dann sind die Prognosen heute natürlich noch schwieriger. Gen Z, die um bzw. ab 2000 geborenen. Schüler die heute zwischen 12-15 Jahre alt sind. Wie denkt diese Generation? Kann man das so pauschal eigentlich Fragen? Ich habe jemanden gefragt, der es wissen muss: Stefan Peukert, Geschäftsführender Gesellschafter der Employour GmbH, meinpraktikum.de und Macher von ausbildung.de.

Lieber Stefan, für die Entwicklung von ausbildung.de habt ihr euch detailliert mit Gen Z befasst. Wissen Schüler von heute, was sie werden wollen?

Die meisten Schüler fühlen sich vom Thema Karriere erst mal erschlagen. Sie wissen noch nicht genau, was sie machen wollen und auch nicht, was bei der Bewerbung auf sie zukommt. Und selbst wenn sie schon eine ungefähre Vorstellung von ihren Interessen haben, dann wissen sie nicht, wo sie sich noch bewerben könnten. Darum orientieren sich die meisten daran, was Eltern ihnen vorschlagen oder was Freunde machen, auch wenn das nicht immer ihren persönlichen Fähigkeiten entspricht.

Diese Unsicherheit erleben wir fast täglich auf unserer Facebook-Seite zu Ausbildung.de auf der wir regelrecht mit Fragen bombardiert werden. Es scheint bisher noch kein Angebot zu geben, das den Schülern bei der Suche nach der Ausbildung ausreichend weiterhilft und wo sie sich aufgehoben fühlen.

Ich bin Jahrgang 1974 (Jesses!), orientierungslos waren wir damals aber schon. Wie unterscheidet sich die berufliche Welt der Generation Z von der meiner Jugendzeit?


Eigentlich gar nicht so viel. Auch wenn die Generation Z jedes ihrer Probleme theoretisch mit Google lösen kann: Solange ich nicht weiß, welcher Beruf mich interessiert, kann ich auch nicht danach suchen. Und dann müssen auch die Smartphone- und Web-Junkies auf Elternratschläge und Altbekanntes zurückgreifen. Damit die Online-Generation ihre „Informationsvorteile“ auch wirklich nutzen kann, machen wir ja ein Ausbildungsportal.

Ein großer Unterschied in der Lebenswelt (und damit auch Arbeitswelt) der angehenden Azubis ist natürlich Facebook. Man darf nicht unterschätzen wie wichtig die Informationen, die in sozialen Netzwerken geteilt werden, für die Schüler heutzutage sind. Darum haben wir sie unter anderem prominent in die Unternehmensprofile auf Ausbildung.de eingebettet und wollen auch in Zukunft weitere Social Media Funktionen einbauen.

Was kann Ausbildung.de? Wie schlagen Sie eine Brücke zwischen Schule und Beruf?


Unser Ziel ist es, die Schüler besser auf die Bewerbungssituation vorzubereiten. Viel Enttäuschung entsteht ja auch durch falsche Erwartungen. Das fängt schon bei der Wahl des Ausbildungsberufs an: Welche Berufe gibt es? Und was ist ein duales Studium? Mit unserem Berufstest kann jeder mit nur 11 individuellen Fragen (aus einem Katalog von hunderten) herausfinden, welche Berufszweige zu ihm passen. Zu jedem Beruf haben wir ein ausgefeiltes Berufsprofil gebaut auf dem ich mich informieren kann, was ich den ganzen Tag mache und für wen der Beruf geeignet ist. Denn wer nicht gerne um 4 Uhr in der Früh aufsteht, sollte nicht Bäcker werden, auch wenn er noch so gerne Kuchen backt.

Im zweiten Schritt wollen wir einen persönlicheren Zugang zu den Unternehmen ermöglichen. Zum Beispiel indem sich der verantwortliche Personaler in Wort und Bild vorstellt und ehemalige Azubis von ihrer Zeit im Unternehmen berichten. Authentische Bilder vom zukünftigen Arbeitsplatz helfen dabei, sich vorzustellen, wie das im Arbeitsleben aussehen könnte.

Den Bewerbungsprozess an sich können wir natürlich nicht aktiv beschleunigen, aber wir können den Unternehmen helfen, bessere Bewerbungen zu kommen. Was es dann mit diesen qualitativen Bewerbungen macht und vor allem welche Bewerbungssysteme hinter dem „Jetzt bewerben Button“ liegen, dass liegt immer noch in der Verantwortung des jeweiligen Personalers.

Vielen Dank, Stefan.

PS: Wenn Sie denken, das Thema hat für Sie noch Zeit und Sie brauchen sich jetzt keine Gedanken darüber machen ... tja, dann schauen Sie mal, wie schnell 12 Jahre vergehen:
   

Freitag, 15. März 2013

Der große Bruch in der Personalbeschaffung: Erst persönlich und emotional angesprochen, dann massenhaft unpersönlich abgewickelt

Vor einigen Wochen habe ich hier über Bewerber-Conversion gesprochen. Heute möchte ich noch einmal über dieses Thema sprechen, aber mit etwas anderem Fokus.

Die Karrierebereiche auf den Unternehmenswebsites werden immer üppiger. Teilweise werden sogar Microsites für nur eine Bewerberklientel erschaffen. Für letzteres ist REWE ein prima Beispiel. Mit „Ich mach’s besser!“ hat REWE eine Sonder-Website gestalten lassen, die sich explizit an potentielle Auszubildende bzw. an die Zielgruppe Schüler richtet. Das Ganze ist wirklich nicht schlecht gemacht …

Heute geht es aber um den Bruch der zwischen der flippigen Ansprache und der nüchternen Bewerberabwicklung entsteht und die Frage: Wie können vorallem großen Unternehmen dem zentralen Wunsch der Bewerber gerecht werden und diese individuell behandeln?

Ich habe mal versucht mich in einen Bewerber zu versetzten und bin den Weg nachgegangen, den ein Jugendlicher gehen muss, um sich bei REWE zu bewerben. (Für die Kritiker gleich vorweg: „Natürlich ist das total subjektiv!“) Hier meine Applicants-Journey:

- Ich lande, weil ich beim Einkauf mit meiner Mutter das Plakat gesehen habe, auf der Website „Ich mach`s besser!“ . Ich finde, die Website ist „voll klasse!“ (oder so) und habe verstanden: REWE braucht mich! Vorallem bin ich da nicht irgend ein „Neuer“, sondern wichtig und wertgeschätzt. Will mal sehen, ob es offene Stellen gibt …

- Über eintausendachthundert freie Ausbildungsplätze. Puh, ich fühle mich erschlagen. Dabei weiß ich doch noch gar nicht so richtig, was ich werden will … ich gebe meine Berliner Postleitzahl ein. Noch 24 freie Gesuche. Hm, … ich klicke eine an.

- Es öffnet sich ein PDF. Eine Stellenanzeige. Hier heißt es: „Es dreht sich alles um die Abläufe im Markt hinsichtlich der Bestellung und des Verkaufs der Waren.“ Die Infos sind dünn. Aber da! Da gibt es einen Ansprechpartner. Wer sich wohl hinter dem Namen verbirgt? Kein Titel, kein Bild? Ob ich da wirklich anrufen kann?

- So richtig persönlich fühle ich mich nicht mehr angesprochen. Ich entschließe ich mich dennoch, mich bei REWE zu bewerben. Die Maske nervt. Auf der zweiten Seite habe ich irgendwie „keinen Bock“ mehr. 

- usw.
















Das Auf und Ab der Gefühle habe ich mal versucht zu skizzieren:


Bitte nicht falsch verstehen! Ich finde, REWE macht das ziemlich gut. Deutlich wird dennoch: Es ist für große Unternehmen unendlich schwer zu beweisen, dass der Einzelne im Unternehmen wirklich etwas wert ist, gesehen wird und nicht in der Masse untergeht.

Wenn aber gerade in der heutigen und noch mehr in der morgigen Gesellschaft der Wunsch seitens des Arbeitnehmers ist, Teil zu haben, sichtbar zu sein, sich einzubringen bzw. nicht nur einer von vielen zu sein, was dann? Wie kann man tausende Bewerber, ehrlich, individuell und immer wertschätzend behandeln? Ich hab dafür noch keine Lösung. Sie vielleicht?

Freitag, 8. März 2013

Ausbeiner u. Zerleger von Schweinefleisch für Kolonne gesucht! Oder auch: Storytelling? Nein, danke!?"

Eines der Lieblings-Buzz-Words der HR-Szene in 2012 war "Storytelling". Die HR Branche brauchte einige Zeit, um zu verstehen, wie Social Media überhaupt technisch funktioniert. Jetzt wo nunmehr diese Lektion seit 1-2 Jahren gelernt ist, hat man ganz offenbar festgestellt, dass man auch Stoff braucht, den man sich im Social Web gegenseitig erzählen kann.

Was liegt dabei näher als sich dem Storytelling zuzuwenden? Da steckt doch die Lösung schon drin (übersetzt "Story = Geschichte und telling = erzählen). Und schon wurden überall Geschichten erzählt, ob sinnvoll oder sinnbefreit.

Seither wurden reihenweise Mitarbeiter durch stocksteife, mega-unauthentische Interviews gequält und jede Menge Geschichten erzählt, die keiner hören will (dafür gibt es zig Beispiele auf Youtube - z.B: Trailer zu Truck Geschichten - sogar mit Armin Rohde -, ganze 1300 geklickt in zwei Jahren!). Ich frage Sie, euch, alle ... macht das Sinn?

Und diese ganzen Storytelling-Berufstitel: Da wird der Teamassistent zum Grosseganzeseher und der Fleischer zum Wurstdesigner. Nein, meine lieben HR Manager und Kommunikatoren: Ein Fleischer bleibt ein Fleischer und ein Zerleger von Schweinefleisch, ein Zerleger von Schweinefleisch.

Unter PR- und Kommunikationsstrategen scheint sich indes eine Storytelling-Allergie auszubreiten. Hierzu sagte ein Bekannter von mir heute: "Stichwort: Storytelling-Allergie ... Was ich zwischendurch erfrischend fände: mal wieder Klartext statt umständlicher persönlicher Authentizitäts-Alltags-Reportagen. Wir brauchen Emotion UND Information UND Austausch!"

Ich dachte, als ich das heute gehört habe: "Danke!" Denn exakt diese Sehnsucht nach ein bisschen gesunder Ausgewogenheit der Kommunikationansätze, das wünsche ich mir auch schon lange.

Storytelling, nein danke!? Hm, ganz so würde ich es jetzt auch nicht sehen. Ich glaube, wir müssen zusehen, dass wir bei der ganzen Erzählerei nicht denn Sinn und Zweck aus dem Augen verlieren. Was denken Sie?

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