Freitag, 19. August 2011

Neue Haniel Studie (2011): Lieben deutsche Absolventen Familienunternehmen wirklich?

"Deutsche Absolventen lieben Familienunternehmen!" so lautet die Überschrift der Pressemitteilung. Der Knaller. Vor allem "assoziieren die befragten Studenten in erster Linie ein gutes Betriebsklima, kurze Kommunikationswege und bessere Möglichkeiten der Familienplanung" mit Familienunternehmen, sagt Dr. Michael Prochaska, Personaldirektor bei Haniel. Es ziehen 62 Prozent der Absolventen ein solches Unternehmen einem Großkonzern vor, ergab ihre aktuelle Studie. Es bestätigen sich also die Feststellungen aus den letzten Jahren - wieder. Meine Fragen an Herrn Bochert, Head of External Communications (Haniel Group):

1. Das deutsche Absolventen Familienunternehmen lieben ist eine erfreuliche Erkenntnis. Gibt es Informationen aus der Studie, die Sie persönlich besonders überraschen/
beeindrucken?


Überrascht hat mich zum einen, dass sich der Trend zum Familienunternehmen trotz hervorragender Konjunktur und damit auch Arbeitskräftenachfrage bei Dax-Unternehmen in Deutschland nochmals verstärkt hat. Zum anderen, dass der Unterschied zwischen Absolventen in Deutschland und in den anderen Ländern teilweise so gravierend ist.

2. Haniel hat von 2010 bis heute einen deutlichen Sprung bei der Bekanntheit des Unternehmens gemacht. Wo liegen die Schlüssel für diesen Erfolg?

Das sind sicher viele Dinge aber ich denke, dass es auch eine Art Rückbesinnung bei den Absolventen gab. Werte wie Langfristigkeit, Verlässlichkeit, gesellschaftliche Verantwortung sind wieder "in". Und dafür stehen Familienunternehmen im allgemeinen und Haniel im besonderen - und das seit mehr als 255 Jahren. Zudem ermöglichen wir die schnelle Übernahme von Verantwortung in einem internationalen Arbeitsumfeld - auch das sorgt für Interesse und damit Bekanntheit. Und zu guter Letzt haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, uns aktiver im Rekruiting zu positionieren, die Zielgruppen fokussiert anzusprechen und auch neue Wege wie sie die sozialen Netzwerke bieten, zu nutzen.
3. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Erkenntnisse für Familienunternehmen im Mittelstand? Wo liegen die Chancen, um an den guten Nachwuchs zu kommen?

Das man sich als Familienunternehmen nicht verstecken muss und nicht die zweite Geige hinter den börsennotierten Unternehmen spielt. Das gilt nicht nur für den Mittelstand. Denn nicht alle Familienunternehmen sind Mittelstand. Diese Schublade wird oftmals zu schnell geöffnet, wenn man über Familienunternehmen spricht. Aber Würth, Bosch, Stihl, Werhahn oder eben auch Haniel sind alles andere als Mittelstand, sondern Konzerne, die die Vorteile großer Unternehmen mit den Vorteilen von Unternehmen in Familienbesitz unter einem Dach zusammenführen. Weltweit agierend, tolle Karrierechancen, attraktiver Gehälter, Verständnis für das Zusammenspiel von Beruf und Familie, Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und eben Verantwortung gegenüber dem eigenen Unternehmen, den Mitarbeitern und der Gesellschaft. Und für die vielen kleinen und mittelständigen Familienunternehmen trifft dies weitestgehend auch zu - dazu muss man sich nur ansehen, wer weltweit in vielen Zweigen technologisch führend ist.
4. Was hat Haniel als nächstes vor, um die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern?

Die zukünftigen Herausforderungen liegen sicher im Bereich der gesellschaftlichen und demoskopischen Veränderungen. Ein wichtiger Punkt wird es sein, Frauen stärker für Führungspositionen zu gewinnen. Das wird nicht mit einer Quote zu realisieren sein, denn - salopp ausgedrückt - fallen dann die Frauen für Führungspositionen trotzdem nicht vom Himmel. Wenn da der eine oder andere nach Skandinavien schielt, sollte er sich die Situation dort erst einmal genauer ansehen. Zum einen hat man in Skandinavien schon vor vielen Jahren in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie investiert und Lösungen für die frühkindliche Betreuung geschaffen oder eine auch finanziell weitestgehende Gleichstellung von Mann und Frau erzielt. Unter solchen Bedingungen lässt sich dann auch eine Quote leichter realisieren. Zum anderen sind auch dort beispielsweise Aufsichtratspositionen in verschiedenen Unternehmen oftmals von einer Frau besetzt. Wir haben bei Haniel "Xcellnce" gestartet, ein Programm speziell für Frauen in oder auf dem Weg in Spitzenpositionen. Dort bieten wir Seminare, Coaching und Netzwerke nur für Frauen an. Denn die übrigen Rahmenbedingungen wie flexible und mobile Arbeitsplätze, Kinderbetreuung oder auch weiterführende Unterstützung durch einen bundesweiten Familienservice haben wir schon länger im Angebot.
Herzlichen Dank, Jannis Tsalikis
Nachtrag:
Alles in allem finde ich den Vorstoß Haniels prima. Die eigene Arbeitgeberattraktivität im Umfeld ihrer Konkurrenz zu evaluieren ist klug und gut gemacht.

In der Aufarbeitung und Präsentation der Studie denke ich gibt es noch "Unschärfen", denn die
verwendeten Begrifflichkeiten verwirren und suggerieren falsche Tatsachen - noch einmal zur Erinnerung, der Titel: "Großkonzern oder Familienunternehmen: Wer ist der attraktivere Arbeitgeber?"

Herr Borchert deutet es selbst an: "
Aber Würth, Bosch, Stihl, Werhahn oder eben auch Haniel sind alles andere als Mittelstand, sondern Konzerne, ..." Wo liegen die Unterschiede zwischen Großkonzern und Familienunternehmen, wenn dass Familienunternehmen mehr als 200.000 Mitarbeiter führt und Milliarden Umsätze macht? Wo sind denn die Mittelständler im Ergebnisbericht, die wie sie in der Einleitung beschrieben werden "... Häufig sind es mittelständische Unternehmen, die auf ihrem Spezialgebiet Weltmarktführer sind. ... "?

Aktuell
arbeitet das Institut für Mittelstandforschung mit folgender Definition: Maximal 500 Beschäftigte, Auszubildende werden nicht gewertet, Teilzeitkräfte werden pro rata temporis gezählt, Maximaler Umsatz von 50 Millionen Euro im Jahr. Bilanzsumme wird nicht berücksichtigt.

Das man inhhabergeführte und börsennotierte Unternehmen und die jeweilige Arbeitgeberattraktivität mal vergleichen will, das ist natürlich eine interessante Geschichte. Aber aus meiner Sicht werden hier am Ende Äpfel mit Birnen verglichen, denn ein wichtiger und vielleicht entscheidender Faktor, der Arbeitgeberimage und Sichtbarkeit eines Unternehmens beeinflusst, ist die Größe eines Unternehmens. Wenn man also Unternehmen vergleicht
und sich die Frage stellt: "Großkonzern oder Familienunternehmen: Wer ist der attraktivere Arbeitgeber?", dann sollte man eben genannte Dimenson nicht außer Acht lassen oder vielleicht einfach titeln: "Inhhabergeführte oder (nicht-inhhabergeführte) börsennotierte Großkonzerne: Wer ist der attraktivere Arbeitgeber?"

Pressemitteilung und der umfassende Ergebnisbericht.


1 Kommentar:

  1. Die Vergleichbarkeit ist leider nicht so einfach herzustellen. Sicher ist Haniel ein Unternehmen, dass der Bezeichnung Großkonzern gerecht wird. Aber Haniel ist wiederum auch ein Unternehmen, dass keine Produkte oder Dienstleistungen und auch keine Tochterunternehmen mit gleichem Namen im Markt hat. Bosch kennt jeder, weil er eben in jedem Baumarkt ein Heimwerkergerät, in jedem Elektromarkt ein Groß- oder Kleinelektrogerät mit diesem Markennamen kaufen kann. Das gibt es bei Haniel nicht, daher bewerte ich für unser Unternehmen den Bekanntheitssprung auch anders. Er kommt nicht durch die Größe Haniels oder die weltweite Bekanntheit von Produkten, sondern eher durch das Thema "Werte".

    Leider passt auch die Abgrenzung "Inahbergeführt" nicht, denn Haniel vollzieht seit fast 100 Jahren eine strikte Trennung von Kapital und Management. Andere wie beispielsweise C&A gehen da einen anderen, aber für sie sehr gut funktionierenden Weg.

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